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Zusatzangebot: Schülergremium

Allgemeines

Gefördert werden kriminalpolitisch bedeutsame Projektangebote die das Ziel verfolgen, Kinder und Jugendliche zur Bewältigung ihrer Leben ohne Straffälligkeit sowie ohne Gewalt, Rassismus und Fanatismus, zu befähigen.

Mit der Ausweitung des Zusatzangebotes „Schülergremium“ sollen an regional ausgesuchten Standorten im Land Sachsen-Anhalt, neu einzurichtende Schülergremien gefördert werden. Die Durchführung der geplanten Maßnahmen ist abhängig von der Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel.

Aktionsziel

1. Einleitung

Straffälligkeit und Entwicklungskrisen bei Jugendlichen stehen oft in einem engen Zusammenhang. Es gilt als entwicklungstypisch und bleibt zumeist episodenhaft, wenn Jugendliche kriminell werden. Tatsächlich aber ist abweichendes Verhalten bei Jugendlichen immer auch ein Signal an ihre Mitmenschen, dass mit ihnen und mit ihrem Umfeld etwas nicht in Ordnung ist. Diese Signale als solche zu erkennen heißt, darauf nicht nur grenzsetzend, sondern auch unterstützend zu reagieren.

Denn: jede Entwicklungskrise stellt einerseits eine Gefahr dar, bietet andererseits aber die Chance, gestärkt aus ihr hervorzugehen. Dem Jugendstrafrecht liegt der Erziehungsgedanke zugrunde. Ziel ist es, durch Grenzsetzung und den Einsatz geeigneter pädagogischer Mittel den Jugendlichen davor zu bewahren, in eine kriminelle Karriere abzugleiten. Welche Form der erzieherischen Einwirkung sinnvoll ist, bestimmt sich nach den individuellen Umständen, insbesondere der Entwicklung und den Lebensumständen des Jugendlichen, nach der Art und Schwere der begangenen Straftat und den Gründen hierfür sowie der Frage, ob und inwieweit er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

2. Diversion

Vor diesem Hintergrund hat § 45 Jugendgerichtsgesetz (JGG) eine zentrale Bedeutung. Darin wird festgelegt, in welchen Fällen auf eine jugendstrafrechtliche Sanktion durch Urteil verzichtet werden kann.

Der kriminalpädagogische Ansatz „Schülergremium“ ist eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2 JGG. Das Schülergremium ergänzt als freiwilliges Angebot das bereits vorhandene Diversionsangebot im Land Sachsen-Anhalt.

Nach § 45 Abs. 2 JGG kann der Staatsanwalt von der weiteren Verfolgung absehen, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er aus diesem Grund die Erhebung der Anklage für nicht notwendig erachtet. In solchen Fällen wird ein erzieherisches Einwirken auf den Jugendlichen zwar als erforderlich angesehen, nicht aber die Durchführung eines förmlichen Gerichtsverfahrens mit Hauptverhandlung und richterlicher Entscheidung.

Betroffen sind in diesem Zusammenhang Delikte, die im Bereich der leichten bis hin zum Grenzbereich der mittleren Kriminalität angesiedelt sind. Hierzu zählen z. B.:

  • Eigentums- und Vermögensdelikte, wie Diebstahl (§ 242 StGB),
  • Unterschlagung (§ 246 StGB),
  • Hehlerei (§ 259 StGB),
  • Betrug (§ 263 StGB) - auch in Tateinheit mit leichten Fällen der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn die Höhe des Schadens oder der Wert der Sache 150,- € nicht übersteigt,
  • Vortäuschen einer Straftat (§ 145 d StGB),
  • falsche Verdächtigung (§ 164 StGB),
  • vorsätzliche und fahrlässige Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB),
  • leichte Fälle (in Ausnahmefällen auch minder schwere Fälle der gefährlichen Körperverletzung),
  • Hausfriedensbruch (§ 123 StGB),
  • Missbrauch von Notrufen (§ 145 StGB),
  • Beleidigungsdelikte (§§ 185-187 StGB),
  • Nötigung, Bedrohung (§§ 240, 241 StGB); leichte Fälle,
  • Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248 b StGB),
  • Erschleichen von Leistungen (§ 265 a StGB),
  • Sachbeschädigung (§ 303 StGB); leichte Fälle,
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis und Dulden dessen (§ 21 StVG),
  • Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz (§ 1, 6 Abs. 1 PflVersG),
  • Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) oder
  • Fisch- und Jagdwilderei (§ 293 StGB; § 38 BJagdG i.V.m. §§ 21, 22 BJagdG).

Zu berücksichtigen ist, dass der Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 JGG (Einstellung des Verfahrens ohne erzieherische Maßnahmen wegen Geringfügigkeit) nicht eingeschränkt werden soll. Fälle, die regelmäßig nach dieser Vorschrift behandelt werden, werden auch künftig keine Behandlung durch ein Schülergremium erfahren.

3. Ziele des Projekts

Dem Projekt liegt die Annahme zugrunde, dass die Reaktionen aus der Gleichaltrigengruppe Jugendliche stärker beeinflussen, als die Interventionen durch ein herkömmliches Jugendstrafverfahren. Jugendliche im pubertären Alter reagieren häufig uneinsichtig gegenüber Vorschlägen und Sanktionen aus der Erwachsenenwelt. Insbesondere gilt das für jugendliche Straftäter, die nur über ein gering ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein verfügen, wie dies z.B. bei Ladendiebstählen oder Fahren ohne Fahrerlaubnis vermehrt der Fall ist. Hier kann die Missbilligung der Tat durch andere Jugendliche und der Austausch darüber positive Einflüsse haben.

Bezogen auf die Sanktionen, die aus einer Gremiumssitzung resultieren, setzt das Projekt auf den Erfindungsreichtum der Jugendlichen. Die vorgeschlagenen Auflagen sind oft sehr wirksam und nachhaltig, weil sie sich unmittelbar an den Lebenswelten der Betroffenen orientieren. Dabei sind die Grenzen der Sanktionsmöglichkeiten durch das Gesetz bestimmt. Den beteiligten Jugendlichen muss klar sein, dass sie in jedem Falle den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren müssen. Das betrifft sowohl den Umfang der pädagogischen Gespräche mit dem Beschuldigten, die nicht über das erforderliche Maß der Aufklärung der Beweggründe der Tat hinaus gehen sollten, sondern auch das Gebot, nur solche Auflagen zu erteilen, die von den Beschuldigten auch erfüllt werden können.

Maßnahmen, die dem Richtervorbehalt unterliegen (insbesondere Freiheitsentzug), kommen nicht in Betracht. Eine zwangsweise Durchsetzung einer Sanktion ist nicht möglich. Der straffällige Jugendliche muss der Maßnahme zustimmen und sie „freiwillig“ erfüllen. Für den Fall der Nichterfüllung entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob das Ermittlungsverfahren gleichwohl eingestellt werden kann oder Anklage erhoben werden muss. Neben einer günstigen Einflussnahme auf die jugendlichen Beschuldigten können die Jugendlichen, die im Schülergremium tätig sind, von sozialen Lerneffekten profitieren. Die Praxiserfahrungen im Verbund mit der theoretischen Ausbildung vorab können die sozialen Kompetenzen der Mitglieder im Schülergremium erweitern. Darüber hinaus erhalten sie Einblick in die sozialen Umfelder und Entwicklungsprobleme straffälliger Jugendlicher und lernen, Verantwortung für die Durchsetzung und Akzeptanz der Rechtsordnung zu übernehmen.

4. Zielgruppe und Teilnahmevoraussetzungen

Das Projekt ist für Straffällige im Alter von 14 bis 17 Jahren gedacht. Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Projekt sind:

  • Der Beschuldigte und der gesetzliche Vertreter müssen einverstanden sein. Der Grundsatz der Freiwilligkeit der Einwilligung in die Teilnahme an dem Projekt gilt bis zum Abschluss des Verfahrens.
  • Der Beschuldigte muss geständig und der Sachverhalt geklärt sein. Das Schülergremium führt keine Beweisaufnahme durch!
  • In der Regel findet das Projekt nur bei Ersttätern Anwendung.
  • Die Täterpersönlichkeit und die Tat dürfen der Zuweisung zum Projekt nicht entgegenstehen. - Die endgültige Entscheidung darüber, wer am Projekt teilnimmt, obliegt der Staatsanwaltschaft.

5. Praktische Durchführung

5.1 Projektträger

Der Projektträger fungiert als Ausbilder, Organisator und Mittler zwischen Staatsanwalt und Schülergremium. Er begleitet und unterstützt die Mitglieder der Schülergremien, wirbt neue Mitglieder, koordiniert und führt deren Ausbildung durch. Er unterhält die Verbindung zu Staatsanwaltschaft, Polizei und anderen Kooperationspartnern.

Ferner obliegt es ihm, mit Hilfe der Jugendgerichtshilfe und dem Sozialen Dienst der Justiz Kontakt zu ortsansässigen Einrichtungen aufzunehmen, in denen das Absolvieren z.B. sozial gemeinnütziger Arbeitsstunden möglich ist.

5.2 Polizei und Staatsanwaltschaft

Bei der Polizei erfahren die Beschuldigten von der Möglichkeit, an dem Projekt Schülergremium teilzunehmen und werden gefragt, ob sie sich eine Regelung des Verfahrens über das Schülergremium vorstellen können. Hierzu und für die Datenweitergabe müssen auch die Eltern ihre schriftliche Zustimmung geben.

Das Projekt steht und fällt mit der Bereitschaft der Polizei, geeignet erscheinende Fälle auszuwählen, die jugendlichen Beschuldigten und ihre Eltern über das Projekt zu informieren und ihre Zustimmung einzuholen.

Nach Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft entscheidet diese, ob der Fall für das Schülergremium geeignet ist. Wenn ja, leitet die Staatsanwaltschaft einen Kurzbericht (z.B. Kopien der Strafanzeige und des Vernehmungsprotokolls, in jedem Fall die Beschreibung des Delikts sowie Name und Anschrift des Beschuldigten), gegebenenfalls die Akten an den Verein weiter. Zeitnah erfolgt im Anschluss die Einladung des Beschuldigten und seiner Eltern zu einem Vorgespräch, an dem ein Schüler des Schülergremiums und ein Mitarbeiter des Trägervereins teilnehmen. In diesem Vorgespräch wird der Beschuldigte über den Ablauf des Verfahrens, die Zusammensetzung des Gremiums und dessen Schweigepflicht aufgeklärt. Anschließend erfolgt die Einladung für das Gremiumsgespräch.

5.3 Das Schülergremium

Innerhalb der Schülergruppe werden Dreierteams gebildet, die als Gremium zusammenarbeiten. Die Teams sollen aus Schülern verschiedener Schulen bestehen; sie werden rotierend tätig jeweils nach Initiierung durch ein Mitglied des Trägervereins. In regelmäßigen Abständen wird es zum Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern der einzelnen Gremien kommen. Jeder Schüler, der im Gremium mitarbeitet, ist sich bewusst darüber, dass er weder die Stellung noch die Funktion eines Richters inne hat und damit nicht zur Verhängung einer „Strafe“ im Rechtssinne befugt ist. Vielmehr betrachtet er es als seine Aufgabe, dem jugendlichen Beschuldigten sein Fehlverhalten zu verdeutlichen, ihn zur Einsicht zu bewegen und dadurch vor Wiederholungstaten zu bewahren.

5.4 Die Gremiumssitzung

Nach Durchführung des Vorgesprächs informiert der Schüler, der daran teilgenommen hat, die anderen Gremiumsmitglieder und vereinbart einen zeitnahen Sitzungstermin. Die Gremiumssitzung findet in einer „neutralen“ Räumlichkeit statt, die eventuellen Schwellenängsten entgegenwirkt.

Das Gremiumsgespräch soll die Dauer von 90 min nicht überschreiten und findet ausschließlich zwischen dem Beschuldigten und den Schülern statt. Das teilnehmende Vereinsmitglied bzw. der Projektleiter ist zwar anwesend, hält sich aber im Hintergrund. Eine Teilnahme der Eltern des Beschuldigten ist nicht vorgesehen, kann aber nicht verweigert werden. Nachdem sich alle Beteiligten vorgestellt haben und die Regeln für die Sitzung vereinbart wurden (Offenheit, Bereitschaft zu reden, Vertraulichkeit des Schülergremiums), wird der Beschuldigte aufgefordert, den Tatverlauf aus seiner Sicht zu schildern. Seitens des Schülergremiums werden Fragen gestellt nach der Motivation für die Tat, die Befindlichkeiten des Beschuldigten während der Tat und die Folgen, die aus der Tat resultierten. Je nach Gesprächsverlauf kann das Schülergremium einschätzen, inwieweit der Beschuldigte seine Tat wirklich bereut oder zu neutralisieren versucht, schönredet oder seine Reue lediglich vortäuscht.

Im Anschluss an das Gespräch beschließt das Gremium eine für den Beschuldigten geeignet erscheinende Sanktion bzw. Maßnahme zur Wiedergutmachung, die möglichst im Zusammenhang mit der Tat steht. Dem geht eine Beratung der Gremiumsmitglieder ohne Beisein des Beschuldigten voraus, in deren Rahmen überlegt wird, ob die Maßnahme realisierbar und deren Erfüllung kontrollierbar ist. Die im Gremium beschlossene Entscheidung wird dem Beschuldigten mitgeteilt. Stimmt der Beschuldigte zu, wird die getroffene Vereinbarung schriftlich fixiert und vom Beschuldigten sowie den beteiligten Schülern unterschrieben und den Eltern zur Kenntnisnahme zugeleitet.

Nach Erfüllung der Sanktion leitet der Verein die zur Verfügung gestellten Unterlagen an die Staatsanwaltschaft zurück, die ihrerseits in aller Regel das Verfahren mit dem Hinweis auf die vereinbarte erzieherische Maßnahme einstellen wird. Für die Überwachung der Sanktionserfüllung und den Austausch mit der Staatsanwaltschaft ist der Trägerverein verantwortlich. Im Einzelfall kann das Schülergremium auch zu dem Schluss kommen, dass bereits das geführte Gespräch mit dem Beschuldigten eine ausreichende erzieherische Wirkung entfaltet hat und weitere Maßnahmen entbehrlich erscheinen.

Im Anschluss an die Gremiumssitzung besprechen das Mitglied des Trägervereins und die Mitglieder des Gremiums den Verlauf der Sitzung und reflektieren ihre Zufriedenheit über das Ergebnis, die Befindlichkeiten der Einzelnen, diskutieren Veränderungsvorschläge und Organisatorisches.

5.5 Verhältnis von Schülergremium und Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)

Beide Modelle haben weitgehend gleiche Voraussetzungen. In einem wichtigen Anliegen jedoch unterscheiden sich beide Modelle. Der Täter-Opfer-Ausgleich betrifft die Tat im Lichte ihrer Auswirkungen auf das Opfer als Person. Täter und Opfer stehen bei ihm gleichermaßen im Zentrum der erzieherischen Intervention. Im Kriminalpädagogischen Schülerprojekt dagegen kommt es allein auf den Täter an. Die Schüler werden nicht dafür ausgebildet, Konflikte zwischen Beschuldigtem und Opfer zu lösen. Daher muss die Einschaltung des Schülergremiums in Fällen, in denen es um einen Ausgleich zwischen Täter und Opfer geht, als subsidiär angesehen werden, was heißt, dass es nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn die Beteiligten einen Täter-Opfer-Ausgleich ablehnen. Das Hauptanwendungsgebiet des kriminalpädagogischen Projekts Schülergremium liegt bei den opferfernen Straftaten.

5.6 Sanktions- Wiedergutmachungsmöglichkeiten

  • Bei Tätern die sich sprachlich nicht gut äußern können: schriftliche Reflexion ihrer Tat und deren Folgen;
  • Sozialstunden (bis max. 15 Std.);
  • Persönliche Entschuldigung bei den Geschädigten bzw. Geschäftsführern (Diebstahl);
  • Gespräch / Belehrung;
  • Trainingskurse / Mediation / TOA;
  • Spende vom Taschengeld oder Spendensammlung für gemeinnützige Organisationen

Förderzeitraum

Vorbehaltlich der Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel umfasst der Förderzeitraum die Zeit vom 01. Juli 2024 bis 31. Dezember 2028.

Allgemeine Trägeranforderungen

Am Ideenwettbewerb für die oben genannte Fördermaßnahme können juristische Personen oder Personenvereinigungen mit Sitz oder Niederlassung in Sachsen-Anhalt unbeschadet ihrer Rechtsform teilnehmen, wenn sie

  • Träger der freien Jugendhilfe im Sinne von § 75 SGB VIII – (Kinder- und Jugendhilfegesetz) sind und
  • gemeinnützige Ziele verfolgen,
  • aufgrund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Straffälligenhilfe in Sachsen-Anhalt zu leisten imstande sind, und
  • die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.

Zum Nachweis der Gemeinnützigkeit ist die Anerkennung durch einen auf die Einrichtung ausgestellten aktuellen Freistellungsbescheid oder eine vorläufige Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorzulegen, dass sie zu den in § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes und § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes bezeichneten gemeinnützigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gehört (Gemeinnützigkeitsbescheinigung) oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung nach § 44a Abs. 7 Einkommensteuergesetz beigebracht hat.

Nicht anerkannt werden können juristische Personen, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Ziele verfolgen, auch wenn sie mit ihren Angeboten indirekt auch straffällig gewordene Jugendliche oder von Straffälligkeit bedrohte Jugendliche ansprechen.

Hierzu zählen z. B.

  • Schulfördervereine,
  • Allgemeine Studentenausschüsse und Studentenwerke,
  • Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (soweit nicht § 75 Abs. 3 SGB VIII zutrifft).

Die Trägereinrichtungen müssen mindestens eine dreijährige Praxiserfahrung in der Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen vorweisen können.

Teilnehmerzahl

ca. 50 Teilnehmer (jährlich)

Art, Umfang und Höhe der Förderung

Förderfähig sind Ausgaben des Projektes, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Projekts unbedingt notwendig sind. Zuwendungen werden im Rahmen der Projektförderung in Form der Vollfinanzierung gewährt. Die Bewilligung der Zuwendung erfolgt durch Zuwendungsbescheid.

Die Zuwendungen setzen sich aus den tatsächlichen förderfähigen Personalausgaben (unabhängig von der tariflichen Eingruppierung) und hierauf beruhender Restkostenpauschalen (für indirekte und direkte Ausgaben) zusammen.

Zur Förderung der förderfähigen Restkosten wird ein Pauschalsatz von 15 % der direkten förderfähigen Personalkosten gemäß Artikel 56 VO (EU) 2021/1060 angewandt.

Weitere Informationen finden Sie in den folgenden Hinweisen bei den "Angaben zum geschätzten Finanzbedarf".

Konkretisierungen zum Personaleinsatz

Der Einsatz pädagogischer Fachkräfte und sonstigem Projektpersonal, die sich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden, orientiert sich an der Bedarfslage und an den zur Verfügung stehenden Fördermitteln. Die Stellen können auch in Teilzeitform besetzt werden.

Die pädagogischen Fachkräfte müssen über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Sozialen Arbeit, Sozialpädagogik, Pädagogik, Psychologie oder vergleichbarer Studiengänge (Magister, Diplom, Bachelor, Master), einer ggf. erforderlichen staatlichen Anerkennung oder einer mindestens einjährigen Berufspraxis im sozialpädagogischen Bereich verfügen. Die einjährige Berufspraxis ist verpflichtend, sofern keine staatliche Anerkennung vorliegt. Liegt eine staatliche Anerkennung vor, kann auf die einjährige Berufspraxis verzichtet werden.

Für die Berechnung der Personalausgaben ist das so genannte Besserstellungsverbot zu beachten. Dies besagt, dass Projektträger, die sich überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzieren, ihr Personal nicht besserstellen dürfen als vergleichbare Beschäftigte des Landes.

Für das in den Projekten eingesetzte Personal sind folgende Eingruppierungen zulässig:

  • Für das pädagogische Personal ist bei Vorliegen eines Fachhochschulabschlusses und unter Berücksichtigung des Stellenanforderungsprofils und der Berufserfahrung eine Eingruppierung nach TV-L für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst bis zur Entgeltgruppe S 15 (ehemals E 10) möglich.

    In begründeten Fällen und bei Erfüllung der entsprechenden Eingruppierungsvoraussetzungen (betreffend u. a. die berufliche Qualifikation und Tätigkeit), ist eine höhere Einstufung in die Entgeltgruppe S 17 möglich.
     
  • Für das sonstige Projektpersonal (Verwaltung und/oder Projektassistenz; Anleiterstelle) kann unter Berücksichtigung des Stellenanforderungsprofil und der Berufserfahrung eine Eingruppierung nach TV-L bis zur Entgeltgruppe 8 (Voraussetzung: abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und entsprechenden Tätigkeiten) erfolgen.

Bei Neueinstellungen sind Personalausgaben in der Regel nur in Höhe der Stufe 1 der jeweiligen Entgeltgruppe zuwendungsfähig. Bei der Beantragung sind die jeweilige Eingruppierung und Einstufung zu begründen.

Zu jeder beantragten sozialversicherungspflichtigen Personalstelle muss nach erfolgreicher Projektauswahl, bei der späteren Stellung des Zuwendungsantrages, eine Stellenbeschreibung mit den Antragsunterlagen eingereicht werden. Aus der Stellenbeschreibung müssen die Angemessenheit der Eingruppierung und der Umfang der Tätigkeit für das Projekt (Prozentanteil / Stundenanzahl) eindeutig hervorgehen.

Für Beschäftigte, die nicht ausschließlich in einem Projekt tätig sind, muss darüber hinaus in einem Stellenplan genau dargestellt werden, in welchem Projekt sie mit welchem Stellenanteil (Prozentanteil/Wochenstundenzahl) tätig sind.

Die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen ist als freies Angebot für alle Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeitern durch den Projektträger sicherzustellen. Jede Projektmitarbeiterinnen bzw. jeder Projektmitarbeiter sollte an mindestens einer Fortbildung pro Jahr teilnehmen. Die Projektmitarbeiterinnen bzw. jeder Projektmitarbeiter sollten befähigt werden, als Multiplikatorinnen oder Multiplikatoren ihr neu erworbenes Wissen an andere Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben. 

Darüber hinaus sollte die Möglichkeit bestehen, dass jede Projektmitarbeiterinnen bzw. jeder Projektmitarbeiter an regelmäßig stattfindender Supervision teilnehmen kann. Sie kann als Team-, Gruppen- und Fallsupervision durchgeführt werden und dient der Reflexion und Verbesserung des persönlichen und beruflichen Handelns. 

Ideenwettbewerb

Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt beabsichtigt für die Auswahl der zu fördernden Vorhaben einen landesweiten Ideenwettbewerb durchzuführen und interessierte freie Träger oder juristische Personen, die im Bereich der Jugendhilfe liegende Ziele verfolgen, öffentlich zur Abgabe von Projektvorschlägen aufzurufen.

Durchführung des Ideenwettbewerbs

Unter nachfolgenden Link steht Ihnen ein Bewerbungsformular für die Projektbewerbung zur Verfügung, welches dem Projektvorschlag beizufügen ist. Das Bewerbungsformular enthält neben wichtigen Informationen zur Ausgestaltung der Projektbewerbung auch Ausfüllfelder in denen Sie die notwendigen Zusatzangaben, wie Angaben zum Finanzbedarf, zur Praxiserfahrung oder zu den Teilnehmerzahlen machen.

Zum Bewerberformular

Ergänzende Erläuterungen zum Bewerberformular:

Projektbeginn
Der Termin für den Projektbeginn wird zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt.

Projekterfahrung
Hier sind folgende Eintragungen möglich:

  • keine
  • mindestens 3 Jahre.

Teilnehmerzahlen
Bezüglich der Angaben zu den möglichen Teilnehmerzahlen können zur Eintragung in dem dafür vorgesehenen Eingabefeld zwischen folgende Eingabewerten gewählt werden:

  • 0 bis 50 Teilnehmer
  • 50 bis 100 Teilnehmer
  • mehr als 100 Teilnehmer

Angaben zum geschätzten Finanzbedarf

Ergänzend zu den beschriebenen Regelungen bei „Art, Umfang und Höhe der Förderung“ und „Konkretisierungen zum Personaleinsatz“ ergehen folgende Hinweise:

Es zunächst ein Finanzbedarf für vier Förderjahre darzustellen. Für die Einstiegsförderung ist eine mögliche Zuwendung in Höhe von maximal insgesamt 40.000 Euro (Personalkosten und Restkostenpauschale) zu Grunde zulegen. Hiervon ausgehend, ist zur Deckung von Tarifangleichungen und Inflationsausgleichen in den Folgejahren, bei den ermittelten Personalkosten eine jährliche Steigerung von 7,5 % mit einzuberechnen. Durch die jährlich ansteigenden Personalkosten erhöht sich die Restkostenpauschale entsprechend automatisch.

Leider konnte in barrierefreier Hinsicht technisch keine Summenfunktion generiert werden, so dass die Summenermittlung im Rahmen des Projektauswahlverfahrens durch die Auswahljury vorgenommen wird.

Umsetzung der Querschnittsziele der Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) in der Förderperiode 2021-2027

In den vorgesehenen Eingabefeldern:

  • Beitrag zu grünen Kompetenzen und Arbeitsplätzen und der grünen Wirtschaft (=100% Koeffizient Klimaschutzziele,
  • Nichtdiskriminierung und
  • Gleichstellung der Geschlechter,

 sind folgende Eingaben zu tätigen:

  • findet Beachtung oder
  • keine Relevanz

Auswahlverfahren

Interessierte freie Träger können sich mit einer Projektkonzeption beim Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt – Referat 305 - , Domplatz 2 – 4, 39104 Magdeburg schriftlich, um eine Förderung bewerben. Die Bewerbungsfrist ist dem aktuellen Presseaufruf zu entnehmen.

Die Projektkonzeptionen müssen den allgemeinen Anforderungen an ein systematisches, qualifiziertes Projektmanagement entsprechen.

Die Projektkonzeption ist durch eine zeichnungsberechtigte Person zu unterschreiben.

Verspätet eingereichte Projektkonzeptionen werden nicht berücksichtigt.

Der Projektkonzeption sind folgende Unterlagen beizufügen:

  • Liste der Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder
  • Kopie des Vereins bzw. Handelsregisterauszugs
  • Kopie der derzeit gültigen Satzung/des Gesellschaftsvertrages
  • Kopie des Nachweises über die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

Die Auswahl der förderungsfähigen Projektvorschläge erfolgt nach fachlichen Gesichtspunkten im Rahmen der verfügbaren Mittel durch das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt – Referat 305 - unter fachlicher Beteiligung des Landesverbandes für Kriminalprävention und Resozialisierung Sachsen-Anhalt e. V..

Die Projektbewerber werden über das Ergebnis der Projektauswahl schriftlich informiert. Über das konkrete Förderverfahren sowie die Art und Bemessung der förderfähigen Sach- und Personalausgaben erhalten die ausgewählten Projektbewerber gesonderte Informationen.

Die ausgewählten Projektbewerber, stellen nach erfolgreicher Projektauswahl entsprechende Zuwendungsanträge direkt an die

Investitionsbank Sachsen-Anhalt
Domplatz 12
39104 Magdeburg.